Freitag, 28. Januar 2022

Wie ich dachte, das war´s jetzt

Da dieser Blog auch so was wie mein Tagebuch ist, dachte ich, ich muss vor allem für mich noch mal in Worte fassen, wie das für mich war, als ich dachte, ich muss sterben.

Es gibt Dinge, die möchte man vergessen. Verdrängen. Nicht mehr drüber nachdenken. Und es gibt Dinge, die sollte man für sich noch mal aufarbeiten. Meine Fuck Corona Erkrankung gehört dazu.

Durch einige dumme Situationen in unserer Firma hat sich mein Mann bei einem unserer Mitarbeiter angesteckt und wir beide mussten in Quarantäne. Das war im März 2021. Zuerst war das noch ganz aufregend, denn einfach so frei zu haben, dachte ich, ist auch mal ganz nett. Das hat genau einen Tag angedauert, dann fing ich an, Panik zu schieben. Ich machte mir vor allem Sorgen um meinen Mann. Der hat aber nach ein paar Tagen mit leichtem Fieber und Husten keine großen Beschwerden mehr gehabt und hat dann im Garten rumgemuckelt und dies und das repariert. Ich war immer noch negativ getestet. Hab aber ganz merkwürdige Symptome gehabt, viel Husten vor allem und Schnupfen. Aber jeder Test noch negativ. 

Dann fing es an, so nach 8 Tagen, mir komisch zu gehen. So habe ich mich noch nie gefühlt zuvor, einfach MERKWÜRDIG. Krank, unleidlich, appetitlos. Abends am 10. Tag der Quarantäne war mein Test auch positiv. Ich war eine Mischung aus erleichtert und betroffen. Erleichtert, weil ich dachte, okay, ich habe schon ein paar Tage Symptome, schlimmer wird es wohl jetzt nicht mehr, ich hab das hinter mir. Betroffen, weil ich lange gehofft hatte, ich stecke mich vielleicht echt nicht an. Ich bin jemand, der NIE krank ist. Einmal im Jahr erkältet, ansonsten nie krank. Mein Immunsystem ist super drauf, ich bin sportlich, immer an der frischen Luft, ernähre mich gesund bis zum get no. 

Ich dachte, ich bin unverwundbar.

Ich dachte, wenn das jemand super wegsteckt, dann ich.

Am Morgen des 11. Tages der Quarantäne konnte ich nicht mal mehr meine Spucke schmecken. Keine Zahnpasta schmecken, nichts mehr riechen. Totalverlust von Geschmack und Geruch. Etwas unheimlicheres hatte ich noch nie erlebt. Man konnte sich sonst wie bemühen, der Sinn war totgelegt.

Am Nachmittag musste ich zum Drive-in-Test fahren, meinen PCR Test machen lassen. Mir war eh klar, war dabei rauskommt. Um 16 Uhr sollte ich los fahren, das erste Mal wieder im Auto, nach 11 Tagen! Ein paar Stunden vorher wurde mir auf einmal speiübel. Überfallmäßig übel. Ich habe einen Eimer mitgenommen im Auto, für den Fall der Fälle, aber war zum Glück nicht nötig. Test gemacht, nach Hause, sofort ins Bett. Mir war SO übel wie noch nie in meinem Leben. Ich fühlte mich schlagartig so sterbenskrank, das Gefühl hatte ich noch nie zuvor. Die nächsten Tage vergingen alle auf die gleiche Weise. 

Ich kam nicht mehr aus dem Bett. Ich konnte nichts mehr essen und kaum etwas trinken. Ich konnte nicht schlafen und nicht lesen, nichts gucken, keinen Film, keine Serie, nichts. Ich konnte nichts mehr. Und damit meine ich: nichts.

Ich lag da nur.

Ich habe draußen die Enkelkinder spielen gesehen und gehört. Die Sonne kam ab und zu mal raus. Die Vögel zwitscherten sich einen ab. Es wurde morgens hell und abends dunkel. Ich machte kein Auge zu. Ich schlief drei Tage und Nächte nicht und konnte nichts essen und trinken. Ich bat meinen Mann um alles mögliche, Saft, Möhrensalat, Brot...Nichts davon bekam ich runter. Er saß an meinem Bett und sah besorgt aus. 

Es war nicht so wie bei einem Magen-Darm-Virus. Den saß ich bisher auf einer Backe ab, wenn ich ihn mal bekam. Es war ANDERS. Ich lag und dachte, so muss sich sterben anfühlen. Man wird einfach immer schwächer und eines Tages schläft man einfach ein. Der Notarzt kam und gab mir ein Mittel gegen Übelkeit. Es half nichts. Ich bekam Fieber, das nicht mehr runterging, nicht mit Medikamenten, mit nix. Ich schaffte gerade so den Gang auf die Toilette, sonst nichts. Ich musste aber kaum, denn ich trank ja fast nichts. 

Am vierten Tag in der Nacht wurde ich mit dem Notarztwagen ins Krankenhaus gebracht. 

Meine Sauerstoffsättigung war nicht berühmt, ich hatte auch Husten und konnte auf dem Rücken nicht gut atmen, aber das war nicht das Problem. Ich war dehydriert und brauchte einige Liter Flüssigkeit als Infusion.


Ich war eine Woche im Krankenhaus auf der Isolierstation. Dreimal am Tag wurden meine Vitalwerte genommen, meine Sauerstoffsättigung, mein Fieber gemessen. Keiner redete viel mit einem, die Pfleger und Schwestern waren auf der Station komplett unterbesetzt, wie überall. Jeder, der reinkam, war vermummt bis zum letzten. Mein Zimmer hatte eine kaputte Heizung, keine Vorhänge und das älteste Badezimmer in der Geschichte von Badezimmern. Das war mir alles egal. Ich war eh nur im Bett und fing an, Podcasts zu hören. Lesen und etwas schauen war noch immer zu anstrengend. 

Ich fing an, winzige Portionen zu essen. Am Ostersonntag gab es ein Ei, das habe ich gegessen. 


Mein Mann holte mich nach der Woche ab, ich schaffte es gerade so ins Auto. Zu Hause gleich wieder ins Bett. Die folgenden Tage gewöhnte ich mich langsam wieder ans Essen. Ich duschte zum ersten Mal wieder, mit einem Hocker in der Dusche, stehen ging noch nicht. Nach dem Duschen musste ich mich wieder hinlegen. Nach fünf Tagen kochte mein Mann unter meiner Anleitung Kartoffeln, Rosenkohl und Lachs. Das war das erste Essen, das ich mit Hunger essen konnte und richtig genießen konnte. Geschmack und Geruch waren zu dem Zeitpunkt schon wieder recht konstant da. Morgens immer noch nicht, aber immer am Vormittag kehrten die Sinne recht zuverlässig zurück.

Nach diesem köstlichen Mahl ging ich das erste Mal auch wieder an die frische Luft. Bei meinem Mann eingehakt gingen wir um den Block. Das sind vielleicht 400 Meter. Ich schlich so dahin und fand alles großartig. Autos, Baustelle, alles. Ich war der glücklichste Mensch auf der Welt. 

Ich war wieder unter den Lebenden angekommen.

Ich schreibe dies auch für all die, die denken, sie sind unverwundbar, so wie ich dachte. Die denken, das packen sie schon, es wird sicherlich nicht schlimm werden, sie sind gesund und fit. 

Ich WAR gesund und fit. 

Ich konnte mich immer, wenn ich mal was hatte, an meinen Haaren selbst wieder rausziehen. Zusammenreißen, wieder gesund werden, Zähne zusammen beißen, das kann ich wirklich gut. 

Aber Corona - das war eine andere Nummer. Das hat bei mir den Stecker so radikal gezogen, ich war so machtlos, so hilflos. All meine Strategien von vorher halfen da nicht. Ich dachte wirklich, ich werde sterben. Ich lag im Bett, unfähig zu schlafen, unfähig zu lesen, unfähig zu essen und zu trinken, unfähig, mich zu waschen, unfähig mich zu bewegen und das Glas zu greifen. Und im Radio unten im Wohnzimmer spielte ein Song mit dem Text "Goodbye Michelle, it´s hard to die...when all the birds are singing in the sky...."

Und ich dachte: ja. 

Dann sterbe ich wohl. So muss es sich jedenfalls anfühlen. Ist nicht schlimm. Dann ist wenigstens demnächst Ruhe und ich kann endlich schlafen. Und mir ist nicht mehr übel. Die Aussicht darauf war nicht die schlechteste in den Tagen. Die Lebenskraft floss einfach raus aus mir, aus den Fingern, aus meinen Beinen, aus meinem Gehirn. So etwas habe ich noch nie vorher erlebt und will es auch erst wieder erleben, wenn es soweit ist. 

Im März 2021 habe ich gedacht, es ist soweit.

Heute geht´s mir wieder gut. Wie das kam, erzähle ich das nächste Mal. Vielleicht hilft es jemandem.


Mittwoch, 16. Dezember 2020

Jammern verboten

Ich hab lange nichts mehr geschrieben. Dabei hab ich so viele Wörter und Sätze im Kopf, aber immer wieder habe ich verworfen, etwas zu schreiben, weil dieses Jahr alles so unglaublich kompliziert ist.

Nun aber. 

Ich habe in diesem Jahr extrem das Gefühl, dass man nicht mehr jammern darf. Nicht mehr klagen. Nicht mehr traurig sein. Sich niemals beschweren.

Denn dieses Jahr ist das Jahr der Helden. Der Corona Helden. Das Jahr, in dem es mindestens 500.00 Existenzen gibt, denen es auf jeden Fall schlechter geht als dir, du Jammerlappen. Und wenn dir nicht 24/7 die Sonne aus dem Arsch scheint, du undankbares Stück, dann geh mir und dem Rest der Welt wenigstens aus den Augen und jammer woanders weiter. 

Man darf sich nicht mehr beschweren, dass man nicht in den Urlaub fliegen/fahren konnte. Sobald man das tut, kommt die Moralkeule irgendeines Gutmenschen in der Nähe oder aus dem guten alten Social Media und erklärt dir lang und breit, wie undankbar du bist. Auf welch hohem Niveau du klagst und dass es vielen schlechter geht als dir.

Wisst ihr was. Das ist ja mal immer so. Wenn ich zwei Beine beim Unfall verliere, dann gibt es sicher einen, der noch einen Arm dazu verloren hat. Also Fresse halten und lächeln. Dieses Prinzip "Es gibt Menschen, denen geht es schlechter", ist glaube ich jedem klar. Und in einem normalen Denken wird das auch immer wieder Platz haben und man besinnt sich auf das, was man hat und ist dankbar für die kleinen Dinge, die das Leben einem doch so bietet. 

In diesem Jahr ist aber dieses Denken zum neuen Motto erkoren worden und macht dabei jede Traurigkeit, die auftaucht, sofort zunichte. Man DARF nicht mehr traurig sein. Oder verzweifelt. Und das bereitet mir persönlich gerade momentan echte Probleme.

Vor acht Wochen ist mein Vater gestorben. Das ganze Jahr vorher war in dieser Hinsicht extrem beschissen. Langer Leidensweg, Sorgen ohne Ende, keine Nacht ohne Aufwachen und an ihn denken, kein Tag ohne neue Hiobsbotschaften, keine Unbeschwertheit. Alles im Arsch. Ich habe es trotzdem irgendwie hinbekommen zu arbeiten, Leistung zu erbringen, nett zu allen Kunden zu sein. Essen auszurichten, Besuch zu empfangen, Gemüse zu pflanzen, Sport zu treiben. Ich finde, ich hab es ganz okay hinbekommen, zu funktionieren und alle Erwartungen an mich zu erfüllen.  Meinen Part zu leisten in diesem Gefüge aus Familie, Firma und Freunden. Und mich nicht ganz zu verlieren.

Dann starb er also. Nachdem ich tagelang immer wieder gebetet habe, ihn bitte zu erlösen. Jedes Mal, wenn ich mit dem Hund gegangen bin und in die Richtung blicken konnte, wo er wohnte, habe ich versucht, so viele gute Gedanken durch die Luft zu senden, wie ich konnte. Er starb also und es war vorbei. Dachten alle.

Jemand aus meiner Familie fragte mich zweimal nur ein paar Tage nach der Beisetzung, wie es mir ginge und ob ich jetzt nicht sehr erleichtert wäre. Ich dachte mir nur: Kann ich zuerst einfach mal traurig sein? Ist es möglich zu trauern? Es war kein Platz dafür da. Denn das macht man heutzutage nicht mehr. Man kneift gefälligst die verdammten Arschbacken zusammen und besinnt sich auf das, was einem noch geblieben ist. 24/7.

24/7.

Wenn ich erzählte, dass ich traurig bin, hörte ich "Sei froh, dass du ihn hattest. Sei dankbar, dass du ihn beim Sterben begleiten konntest. Sei dankbar, dass er im Kreise der Familie sterben konnte. Sei froh, dass du einen Vater hattest. Sei froh, dass er 73 Jahre alt geworden ist. Sei froh, dass er nun erlöst ist. Sei dankbar, dass er nicht mehr länger leiden musste."

Ich komme nun vor lauter Dankbarkeit nicht mehr in den Schlaf. (Sarkasmus aus)

Ich hätte mir gewünscht, dass jemand einfach sagt "Ist kacke. Es ist einfach kacke, wenn jemand stirbt, den man geliebt hat. Ich kann dich verstehen. Ich fühle mit dir. Es tut mir von Herzen leid." Und dann PUNKT. Und nicht. "AAAAAABER es ist ja besser so. Aber es war ja abzusehen. Aber sei froh, dass....." 

Das Ergebnis dieses neuen Denkens, dieser neuen Art, Sorgen zu begegnen oder Traurigkeit oder Unmut, ist nicht cool. Es führt dazu, dass man sich wie ein Vollversager vorkommt, wenn man diese Gefühle nicht in den Griff bekommt. Andere schaffen das auch, wieso du nicht? Andere jammern auch nicht, wieso du? Andere sind darüber hinweg, wieso schaffst du das nicht? Andere haben es schwerer, wieso jammerst du? Nimm dir ein Beispiel an anderen. Sei wie andere.

Ich glaube aber auch, dass andere auch leiden. Oder gerne mal jammern würden. Oder heulen. Aber sie machen es nicht. Weil man das nicht macht. Nicht in diesem Jahr. 

Ich weiß aber, dass das zumindest für mich nicht gut funktioniert. Meine Wunden, alle Wunden aus diesem Jahr, müssen von innen nach außen heilen. Ich kann nicht ständig neue Pflaster drauf kleben und hoffen, ich muss sie vorerst nicht abziehen. Ich kann auch nicht ständig drauf schauen, wie andere sich Pflaster drauf kleben oder sogar gar keine mehr brauchen.  

Ich bin immer noch unsagbar traurig. Jeden Tag. Nicht jede Minute. Aber jeden Tag. Wenn ich abends mit Balu unterwegs bin, sitze ich immer noch zehn Minuten im Auto, im Dunkeln, und heule. Fast jeden Abend. Niemand sieht mich dabei, niemand versucht, mich zu trösten, oder mir zu sagen "wein doch nicht. Ist doch alles gut." Es ist nicht alles gut. Es wird wieder gut werden, das weiß ich. Aber jetzt gerade ist es das eben nicht. 

Ich würde mir wünschen, dass wir das wieder äußern dürften. Dass es uns nicht gut geht. Gerade jetzt nicht gut geht. Dass sich Traurigkeit und Dankbarkeit nicht ausschließen. Dass man beides zur selben Zeit fühlen kann. Dass wir ehrlich zueinander sind. Dass es nicht verwerflich ist, eigenen Kummer zu haben, obwohl die ganze Welt Kummer hat. Dass Herzen Zeit brauchen, um zu heilen. Dass Dinge Spuren hinterlassen. 

Dass wir nicht alleine sind. 

Denn es gab Tage in letzter Zeit, da habe ich mich so alleine gefühlt wie noch nie in meinem Leben. Dabei habe ich eine großartige Familie und gute Freunde. Aber es gab niemanden mehr, dem ich noch sagen konnte, dass es mir nicht gut geht. Denn das Thema war einfach rum. Acht Wochen später sollte man langsam damit durch sein. Und alle hatten außerdem auch andere Sorgen. Oder Freuden. Und man will einfach nicht da rein grätschen. Also sitzt man im Auto und macht das mit sich selbst ab. 

Das kann man machen. Aber ich weiß nicht, ob uns das alle gemeinsam nach vorne bringt in der heutigen Zeit. 

Daher war ich heute mal so mutig und habe geschrieben. Mal schauen, was das macht.:)))


Montag, 8. April 2019

einfach nur so

Ich mache mir immer ´n meeeega Kopp, was das Thema eines neuen Posts sein soll, und meistens schreib ich dann gar nicht, weil mir nämlich zur Zeit TAUSEND Dinge durch den Kopf gehen, die ich nicht ordnen kann. 

Aber grad denke ich mir: egal. Ich schreib einfach drauf los. Dieser Blog war immer wie mein Tagebuch, und ich lese echt gerne mal rückwärts, was so los war in den letzten Jahren. Meine Posts wurden jedoch immer seltener, weil mein Anspruch immer höher wurde. Weil ich unbedingt wollte, dass ein Post auch einen Nutzen hat. Weil so viele Blogger, denen ich folge, in jedem Post ein bestimmtes Thema verfolgen, nützliche Dinge verlinken und so weiter. 

Aber ich eben nich. Ich mach einfach mal drauf los. Was mir so durch den Kopf geht.

Letztes Jahr um diese Zeit haben wir Richtfest gefeiert. Wir haben uns soooo sehr nach der Fertigstellung unseres Hauses gesehnt! Wir haben den Sommer durch gearbeitet und bei der größten Hitze menschengroße Fliesen in den zweiten Stock unseres Hauses geschleppt und unser Bad verfliest. Wir hatten so was noch nie gemacht und nach dem Studium von zahlreichen Youtube Videos entschieden: machen wir so! Hat geklappt! Guckst du hier:



ES WAR HART. Der Schweiß ist in Strömen gelaufen, die Hände wurden immer rauer, aber wir wurden extrem fit in dem Sommer. Wir haben regelmäßig die Eisvorräte unseres REWE Marktes aufgekauft und fast fünfmal am Tag Eis gegessen. Wir haben einen "Streich-Sonntag" gemacht und fast die ganze Familie hat geholfen, das Haus innen zu streichen. Die Musik tönte durch den Neubau, es gab Eis und Alster, und später haben wir alle zusammen im Schatten unserer Weide gegrillt und gechillt und waren stolz auf uns. 

In diesem Jahr ist innen drin fast alles fertig. 


Nun geht es draußen los, und unser Terassenkonzept steht schon. Ich freue mich auf den Sommer und auf Eis und auf Sonne auf der Haut und auf Grillabende und auf alles, was mit draußen zu tun hat!

Und sonst so?

Irgendwie fühl ich mich momentan wie in so einem Zwischenleben. Das mag dem Umstand geschuldet sein, dass ich wohl nun doch in die Wechseljahre komme. Blödes Thema, irgendwie auch peinlich, aber eigentlich: NÖ!

Ist halt nun mal so. Wir werden alle älter. Zum Glück. Ist mir nur noch nie so klar und bewusst gewesen wie in diesem Jahr. Und es mag Frauen geben, die wie NIX durch diese Wechselphase gehen und ohne irgendwelche Symptome sind, aber das ist dann einfach mal Glück. Ich denke nicht, dass es an der Einstellung oder der Lebensweise liegt, denn ich keine a) niemanden, der gesünder lebt als ich und b) habe ich ein wirklich gutes Verhältnis zu meinem Körper und hege und pflege und mag ihn.

Und trotzdem.

Stelle ich fest, dass ich empfindlich geworden bin. Gegenüber ALLEM. Mich bringt ein Bild oder ein Zitat oder ein Lied aus dem NIX zum heulen. Ich habe ganz grandiose Tage, voller Energie und guter Laune und meeeeega Stimmung. Und am nächsten Tag ist eigentlich nix anders, aber doch alles. Ich kann morgens nicht aufstehen, weil ich zutiefst deprimiert bin, ich liege wie ein Zombie im Bett und KANN nicht aufstehen. Kann auch nicht mit Kollege Schnürschuh Gassi gehen. Dann geht mein Mann die Morgenrunde und ich dafür die Abendrunde. Die gefällt mir momentan einfach besser. Es ist noch hell draußen und ich genieße den Wald so sehr, die Abendsonne, die Ruhe, das Runterkommen.

Ja, solche Tage gibt es eben auch.

Das Älterwerden hat aber auch Vorteile. Ich kenne mich so gut wie noch nie. Ich kenne meinen Körper so gut wie noch nie. Die meiste Zeit bin ich fit wie noch nie und habe keine großen Zipperlein.

Ich mag meine Freundschaften und schätze die Menschen, bei denen ich einfach so sein kann wie ich bin. Die mich mögen für das, was ich bin, und nicht für das, was ich mache. Das hat einen unschätzbaren Wert für mich bekommen, mich nicht verstellen zu müssen.

Je älter ich werde, desto weniger Zeit will ich nämlich vergeuden mit Menschen, die mir ein schlechtes Gefühl geben. Und je älter ich werde, desto schneller erkenne ich diese Menschen. Und die kann ich getrost absägen. Menschen, die andere schlecht machen, um sich selber besser zu fühlen, Menschen, die sich ständig über andere erheben, Menschen, die hinter dem Rücken einer Person schlimme Dinge über sie sagen... diese Menschen haben keinen Platz mehr in meinem Leben.

DAS ist ein Vorteil vom Älterwerden! Kein Schein mehr. Nur Sein!

Diese "Wechselphase" , auch gerne Midlife Crisis genannt, fange ich deshalb an zu schätzen. Vor zwanzig Jahren noch hatte ich das Gefühl, unsterblich zu sein und noch ewig Zeit zu haben. Jetzt weiß ich definitiv, das ist nicht so. Umso mehr will ich einfach viel mehr Dinge machen, die mir Spaß machen! Letzte Woche waren wir abends Trampolin springen! Mann, was das geil!


Es gab auch so ein Trapez, an dem man schwingen kann, und dann lässt man los und fällt in ein Becken voller Schaumstoffwürfel. Ich hab etwas länger gebraucht für den nötigen Mut, es dann aber doch gemacht, weil ich weiß, ich hätte es bereut, wenn ich weg gefahren wäre und den Sprung nicht gemacht hätte. Mann, was das toll! Ich hab es gleich ein zweites Mal gemacht!!

Und genauso will ich zukünftig meine Zeit verbringen. Jedenfalls immer mal wieder. Es gibt noch so viel zu sehen, so viel zu entdecken! Und so wenig wie möglich will ich davon auf "später" verschieben.

In drei Tagen zum Beispiel habe ich einen Friseurtermin und bekomme LOCKEN!! Ich freu mich krass drauf! Wie anders ich dann wohl aussehe...

Hört sich alles irgendwie nach einer typischen Torschlusspanik an und dem Drang, bloß nix zu verpassen. Und dann auch noch ´n neuer Look.. Oh Mann...

Ja, ist vielleicht so. Und ist auch gut so. Ganz ehrlich: ich war mit 19 Mutter und hab seitdem nicht viel anderes gemacht als Kinder großziehen und gleich im Anschluss mit meinem Mann eine Firma übernehmen, was bedeutete: viel Arbeit und noch mehr Stress. Ich habe dieses Leben fast jeden Tag genossen und es geliebt. Manche Tage nicht, aber das geht ja jedem so. Ich wollte es genauso und bereue nichts. Aber nun... nun ist es Zeit, nochmal drüber nachzudenken, wie es weiter geht. Genauso? Oder doch nicht?

Geht es jemandem von euch auch so? Und was habt ihr damit gemacht? Oder was wollt ihr damit machen? Würde mich echt mal interessieren.

So, und nun gibt´s n Kaffee an den Schreibtisch und dann geht´s weiter!

Habt eine gute Zeit!!




Donnerstag, 20. Dezember 2018

Runterkommen

Nun dauert es nicht mehr lange, und der Tag der Tage ist da....

WEIHNACHTEN!

Passend dazu habe ich mir spontan ein Buch bestellt von einem Amazon Gutschein, den ich geschenkt bekommen habe, und das ist ja soooo schön! Es heißt "Hygge", vom Glücksforscher Meik Viking. Er hat den geilsten Job der Welt, denn er forscht darüber, was Menschen glücklich macht.

Er ist Däne, und die Dänen sind eines der glücklichsten Völker der Welt. Sie haben einen hohen Steuersatz und es regnet fast die Hälfte des Jahres dort. Sie haben keine wirkliche Autoindustrie oder Rohstoffe, sie haben keine Berge zum Skifahren, und die Sommer sind auch nicht immer sonnig und strahlend. Der Autor schreibt "Ich liebe den Sommer in Dänemark! Es ist der schönste Tag im Jahr!"

Aber die Dänen haben HYGGE.

Hygge ist mehr als ein Begriff, es ist eine Lebenseinstellung. Es bedeutet Gemeinsamkeit, Frieden, gutes Essen, warmes Licht, Kerzen, Zuhören, Einfachheit, Natürlichkeit.

Die Dänen erklären jemanden, der am Wochenende arbeitet, zum Beispiel für verrückt. Gearbeitet wird in der Woche bis halb fünf, und dann ist wie bei Fred Feuerstein jeder schneller weg als man YAPADAPADUH sagen kann. Denn dann ist Familienzeit. Die Kinder werden abgeholt, es wird gemeinsam gekocht, gespielt, gegessen, zu Bett gebracht. Man trifft sich mit Freunden, man sitzt zusammen, und wer reden möchte, der darf reden, und man hört einander zu, und wer schweigen will, darf schweigen, und das ist auch in Ordnung.

Dänen haben den höchsten Pro-Kopf-Kerzenverbrauch der Welt. Danach kommen die Österreicher. Die Dänen haben die tollsten Lampen entworfen, und die gemütlichsten Möbel. Die haben´s einfach drauf, es sich schön zu machen. Ein Haus ohne Kerzen und viele kleine Lichtquellen ist dort unvorstellbar. Ein offenes Feuer, ein süßer Kuchen dazu - und Hygge ist perfekt!

Das ist voll mein Ding. Das Buch ist extrem süß und sympatisch geschrieben und ich gucke mir gerne ein paar Dinge davon ab, die mir noch fehlen für meinen Hygge-Faktor.

Vieles setze ich eh schon um, und unser Haus ist extrem hyggelig.

Aber wir sind halt auch Vollzeit arbeitend und selbstständig, und gerade in der Vorweihnachtszeit fällt uns auf, dass alle am Rad drehen. Wir möchten gerne auch so langsam runterkommen, hier unter uns verbleibenden Kollegen mal quatschen, auch mal was ins nächste Jahr schieben, was nicht mehr eilig ist.... aber das scheint dieses Jahr allen sehr schwer zu fallen.

Klar, die Weihnachtszeit ist nicht für alle besinnlich. Krankenschwestern müssen auch in dieser Zeit immer noch Hintern abwischen, alle im Einzelhandel müssen bis 10 Uhr abends arbeiten, der Müll muss abtransportiert werden und so weiter. Aber könnten nicht alle, die die Möglichkeit haben, allen anderen, die nicht die Möglichkeit haben, die Möglichkeit geben, einen Gang runterzuschalten?

Ziemlich viel "Möglichkeit". Aber is ja so. Das Leben ist voll davon. Es ist mir in der Tat möglich, an der Supermarktkasse entspannt zu bleiben, ein nettes Lächeln zu schenken, der Kassiererin einen schönen Tag zu wünschen und zu vermitteln: alles gut. Ich hab Zeit.

Es ist mir auch möglich, Dinge, die nicht lebenswichtig sind, aufzuschieben. Wenn ich jemand anderem damit Stress weg nehme, dann sollte ich das tun. Ich habe in der Tat gerade nicht so viel Verständnis für Kunden, die seit Wochen ein Geräusch am Auto haben, jetzt damit ankommen, sofort noch heute oder morgen (gefühlt ZWEI Tage vor Heiligabend!) einen Termin brauchen, es soll SOFORT jemand nach dem Geräusch gucken, das sie schon seit Wochen hören, und dann abziehen, noch unfreundliche Worte murmelnd, weil wir keinen Termin mehr frei haben.

Das tut nicht not. Nirgends auf der Welt tut so was not.

Heiligabend geöffnete Geschäfte? Tut für mich nicht not. Die armen Leute!!! Wann kommen die denn mal in Weihnachtsstimmung?? Ich unterstütze das nicht, ich kaufe NO WAY am Montag noch was ein. Was ich bis dahin nicht im Haus habe: Pech. Solange Nudeln, Mehl, Eier und irgendwas tomatiges vor Ort ist, werden wir nicht verhungern. Und das wird heute eingekauft. Und dann is Schicht im Schacht.

Dann wird sich zurückgezogen, und dann werden Kerzen angezündet, und dann kann man lesen, Weihnachtsfilme gucken, Popcorn essen, den ganzen Tag im Schlafanzug rum laufen und nicht ans Handy gehen.

Und dann kann man sich um die kümmern, die man gern hat. Und um sich selbst.

Macht´s euch hyggelig! Schaut, wo ihr Tempo rausnehmen könnt. Und macht euch die wunderschönsten Weihnachten!



Das war extrem hyggelig! Mit dem kleinen Levi und der ganzen Familie einen Tannenbaum aussuchen! Wenn mir die Füße nicht dabei eingefroren wären, hätte ich das noch Stunden machen können....


Und dazu ne Tasse heiße Schokolade. Perfektes Hygge.






Montag, 6. August 2018

Viel passiert...

.... und nix geschrieben, ein halbes Jahr lang..... ist das zu fassen!

Wir haben in diesem halben Jahr ein Haus gebaut und ein weiteres Enkelkind bekommen. Vom Haus gibt es demnächst ein großes Update, denn in ca. vier Wochen werden wir schon drin wohnen. Wirklich wirklich gibt es eine große Haustour, versprochen!

Unser zweites Enkelkind heißt LOLA und ist wunderschön! Sie ist jetzt ca. 6 Wochen alt und wird sicher mal ein Model. Oder die Welt retten. Oder sowas in der Art, denn sie ist ganz wunderbar und hübsch und einzigartig.

Levi ist jetzt großer Bruder und wird sicher mal Comedian. Er ist immer im Partymodus, immer gut drauf, immer ein Sonnenschein (manchmal auch ein Teufelchen), aber er hat so eine besondere Ausstrahlung, dass man immer lachen muss, wenn man ihn sieht. Ich lieb ihn so furchtbar dolle und könnte ihn immer nur knuddeln, wenn er da ist!


Unser Hausbau hat uns nach dem heftigen Jahr 2017 noch einmal auf eine ganz neue Achterbahnfahrt der Gefühle gesetzt. Man sagt ja, dass es drei Scheidungsgründe gibt, also drei wichtige Gründe, warum Paare sich trennen. Das sind Kinder (Check!), zusammen arbeiten (Check!) und ein Hausbau (CHECK!). Wir sind auch noch dazu selbstständig (CHECK CHECK CHECK).

Wir haben SO viel gestritten in diesem Jahr. Ich bin ja eine ganz normale Frau und kann daher im  Handumdrehen aus NICHTS einen Salat, einen Hut oder eine Szene machen. Mein Mann als ganz normaler Mann ist imstande, diese Szene durch sein Verhalten so aufzuschaukeln, dass danach alles gefühlt im Arsch ist. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass uns nichts mehr auseinanderbringen oder schocken kann, wenn wir das hier überstanden haben. Es ging bei unserem Hausbau nämlich so ziemlich alles schief. Es verging phasenweise KEIN TAG, an dem nicht eine Hiobsbotschaft kam.

Ich bin in manchen Nächten aufgewacht, dann fiel mir etwas ein, woran ich nicht gedacht habe, oder etwas, worüber ich mir Sorgen machte und ich wälzte mich rum und ich konnte partout nicht darüber einschlafen, und dann stand ich auf, setzte mich in unsere Küche und weinte erstmal eine Stunde lang. Ich weiß, dass ich manchmal sehr sehr anstrengend bin für meinen Mann. Ich bin so super emotional in manchen Dingen und konnte in diesem letzten Jahr einfach so losheulen aber auch einfach so wieder gut drauf sein und mich an Kleinigkeiten freuen. Über eine schöne Wandfarbe, über eine Treppe, über einen fertigen Zaun, über eine gute Idee, über eine gute Umsetzung.

Ich denke oft, dass manche in den Sack gehauen hätten. Ich bin deswegen sehr stolz auf uns, dass wir diesen Prozess durchgemacht haben und nicht aufgegeben haben. Dass wir immer weniger lange brauchen, um uns wieder zu vertragen und uns den wichtigen Dingen zu widmen. Wir haben sehr viel gelernt in diesem Jahr. Über uns, über unsere Beziehung. Das Leben ist eben nicht INSTAGRAMMABLE. Es ist dreckig und laut und manchmal ungerecht und manchmal unfair und dämlich und falsch. Aber es ist auch zum Totlachen, rührend, echt, innig, bunt und voll.



Das Foto hat unsere Schwiegertochter, die eine ganz großartige Paarfotografin ist, gemacht, kurz vor unserer Silberhochzeit im Mai. 25 Jahre sind wir nun verheiratet und lernen immer noch aneinander. Vielleicht haben es manche Paare leichter, vielleicht sind manche Paare vernünftiger, bessere Menschen und verständnisvoller als wir sind. Wir sind aber nun mal so und nicht anders.

So ist unser Leben nun mal, und wir sind dafür großartig darin geworden, Herausforderungen zu meistern. Was für andere eine Riesensache wäre, entlockt uns nur ein müdes Lächeln. Wir sind Meister geworden im "okay, das ist schief gegangen, was ist die Alternative?" Und dann: "okay, machen wir so. Geht auch."

Wir sind gut im Entschuldigen geworden. Im "ich wollte nicht so schlimme Sachen sagen." Und dann: "ich auch nicht. Das war kacke." Und wir wissen, dass wir nicht mehr sagen müssen:"wir streiten uns nie wieder." Weil das nicht geht. Wir werden uns wieder streiten, so wie wir das immer getan haben. Und uns wieder vertragen, wie wir das immer getan haben.

SEEEEHR viel Herzbewegung hat mir übrigens auch eine Serie verpasst, die ich so inhaliert habe wie zuletzt The Walking Dead:

Guckt unbedingt "This is us"!!!!! Ich mein das ernst, ihr MÜSST es gucken!! Die erste Staffel gibt es umsonst auf Amazon Prime, die zweite ist mit Untertiteln zu kaufen. Ich habe sie beide gesehen, und muss sagen, dass es eine der ehrlichsten, zu Herzen gehendsten, rührendsten, schönsten Serien ist, die ich je gesehen habe. Ich hab so oft geweint und gelacht zugleich, aber mehr geweint. Ich war verliebt in jeden Charakter und sehne mich nach der dritten Staffel. Es ist so viel Wahres und Gutes, was ich daraus gezogen habe, einfach nur WUNDERSCHÖN. Auch darin geht es darum, aneinander zu lernen, es geht um Toleranz, um Liebe, um Kinder, um Familie und um das, was wirklich zählt.

Tja. Das reicht erstmal für heute! Bald gibts mehr und vor allem Bilder vom Haus und allem innendrin!!