Mittwoch, 24. September 2014

Kunden

Unsere Tochter macht grade ein Praktikum beim Frisör unseres Vertrauens und kann so herrlich witzig erzählen, welche Kunden den Laden so beglücken. Oder auch nicht.
 
Ich bin ja nun auch direkt an der Front, sozusagen, und dazu kommt noch folgender Tatbestand:
 

Autoverkäufer sind Verbrecher.

Wir sind nur aus einem Grund hier: wir wollen euer Geld. Um jeden Preis. Wir kaufen unsere Fahrzeuge mit einem Nachlass von 50 Prozent ein und geben nur 10 Prozent weiter. Und das noch ungern...!
 
Es ist teilweise wirklich niedlich, was man hier so erlebt. Es gibt ja verschiedene Typen von Kunden und in den 8 Jahren, die ich nun hier verkaufe, hab ich sie alle gesehen. Da gibt es zum Beispiel...
 

... den Traum eines jeden Verkäufers:

Der Kunde betritt den Laden, lässt sich die Hand schütteln, nennt seinen Namen und hat eine konkrete Vorstellung von dem, was er will. Er weiß auch, wie hoch sein Budget ist. Und er weiß, was er sich leisten kann und vor allem, was er sich NICHT leisten kann. Er behandelt den Verkäufer wie einen Menschen, er erzählt so viel von sich, dass man darauf aufbauen kann, er erwartet ein Angebot, und im besten Falle kauft er!
 
Mit nur einer kleinen aber feinen Abwandlung vom vorherigen Kundentypen:
 

....den Internet-Profi:

Er hat jede Börse durchforstet. Jeden Pressebericht. Er ist in jedem Forum unterwegs und kennt jedes kleine technische Problem eines jeden Modelles. Ohne Einarbeitung könnte er sofort als menschliche Diagnosehardware bei uns in der Werkstatt anfangen. Auch er ist freundlich, weiß genau, was er will und hat auch schon in den neuen Bundesländern einen Händler gefunden, der mindestens ein paar Tausend Euro günstiger ist als wir es je in unseren kühnsten Träumen sein könnten. Bei ihm muss ich nur noch eins tun: mit dem Kopf schütteln, ihm danach die Hand schütteln und ihm ganz lieb Gute Fahrt mit seinem neuen Auto wünschen. Das er dann in Oschersleben oder irgendwo anders in Dunkeldeutschland abholt.
 
Dann haben wir :
 

...den ganz ganz Schlauen:

Bei den ganz ganz Schlauen ergibt sich meistens folgender Dialog spätestens bei der Gebrauchtwageninzahlungnahme:
 
"Herr XY, wir haben nun Ihr Fahrzeug in der Werkstatt durchgesehen. Was für eine Vorstellung haben Sie denn, was Sie für Ihr Auto noch bekommen?"
 
XY winkt mit großer Geste ab:" Ach, das kann ich so nicht sagen. Ich hab doch von so was keine Ahnung.. Das weiß ich wirklich nicht!" (doch nicht so schlau bis jetzt)
 
Verkäufer:"Haben Sie sich denn mal im Vorfeld informiert, was Ihr Auto auf dem Markt noch so bringen könnte?"
 
XY: "Nein, ich habe ja gar keinen Computer..."
 
Verkäufer:" Nun gut, ich gebe Ihnen für Ihr gut gepflegtes Fahrzeug  3.000 €."
 
XY ist völlig empört, als hätte ich ihm das unmoralischste Angebot seines Lebens gemacht: "Das ist viel zu wenig!"
 
Verkäufer (also ich):"Also haben Sie DOCH eine Vorstellung, was Sie für Ihr Auto gerne hätten."
 
XY:"Nein, aber DAS ist zu wenig. DAS weiß ich."
 
Noch NIE, ich sage euch, noch NIE in 8 Jahren ist es passiert, dass ich NICHT zu wenig geboten habe. Nie. Es ist immer zu wenig. Es ist IMMER zu wenig für den Gebrauchtwagen. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Wenn ich auf etwas meinen AR... verwetten würde, dann auf diese Tatsache.
 

Der Menschenfresser:

Wenn man auf einer Messe oder Autoschau stehen muss, dann kommt dieser Typ von Kunde (eigentlich ist es kein Kunde, sondern... ja, halt eine andere Spezies). Er kommt herangeschlendert. Er schaut sich ein Opfer aus. Und das bin ich. Denn ich bin eine Frau und habe keine Ahnung von NICHTS.
 
MF (Menschenfresser):"Ja, ganz schöne Autos baut Mazda ja inzwischen."
 
Ich:" Ja, nicht wahr?"
 
MF: "Aber ich brauche ja kein neues Auto. Wollte nur mal gucken."
 
Ich:"Okay, tun Sie sich keinen Zwang an."
 
MF:" Ich hab ja erst vor zwei Wochen meinen neuen Touran abgeholt...." Nun wartet er auf Beifall. Von mir. Von der Verkäuferin von Mazda.
 
Ich:"Ja, das ist ja schön für Sie..."
 
MF:" Das ist ja wirklich ein schönes Auto geworden, der neue Touran. Hat Mazda eigentlich auch diese....(irgendeine tolle technische Einrichtung, die kein Horst braucht, z.B. den elektrischen Eierwärmer im Cockpit inklusive einer Pellvorrichtung)?"
 
Ich:"Nein."
 
MF:" Ach. Nicht? Und gibt es bei Mazda inzwischen....(die elektrische Klopapierrolle mit App-Funktion bei Erreichen eines Mindestblattbestandes)?"
 
Ich:"Leider nein, ich müsste dann auch mal...."
 
MF:" Wir fahren ja schon immer VW. Warten Sie mal, was hatten wir denn als erstes Modell, ich glaube, das war ein Jetta. Gerda, war das nicht ein Jetta? Den hatten wir doch damals noch bei Heinz gekauft, der hatte doch noch die Werkstatt bei uns an der Ecke, die hatte er ja von seinem Schwiegervater übernommen. Der war so champagnerfarben, diese Farbe gibt es ja gar nicht mehr, oder, und was kam denn nach dem Jetta? Gerda, dann kam doch dieser Passat, der mit dem Unfallschaden, da ist uns doch einer reingefahren, aus dem Urlaub aus Bulgarien, wir sind ja immer mit dem Auto in den Urlaub gefahren, wir hatten ja den Wohnwagen, ach Gott, das ist ja lange her, dann brauchten wir ja nach dem Unfall auch ein neues Auto, da hatte der Heinz ja zum Glück einen, wie sagt man, Vor-führ-fahrzeug, stehen, ich wollte ja nie wieder einen champagnerfarbenen, aber dann habe ich ihn doch gleich mitgenommen, ach, da waren unsere Kinder ja auch schon groß, Gerda, oder, und der hatte dann auch schon... (den elektrischen Pups-Umwandler), das hatten wir ja vorher gar nicht, ach, das war auch ein schönes Auto, Gerda, wie lange haben wir den eigentlich gefahren..."
 
.....
 
Wenn man Glück hat, wird man von einem aufmerksamen Kollegen aus den Klauen des Menschenfressers gerettet. Wenn man kein Glück hat, geht auch mal locker eine Stunde Lebenszeit vor meinem geistigen Auge flöten.
 

Der Alles-prima-hier-aber-trotzdem-kaufe-ich-woanders-Typ:

Hier läuft eigentlich alles super. Tolles Gespräch, ausgiebige Probefahrt, leckerer Kaffee, die Kinder sind entzückend, ach, überhaupt fühlt man sich, als würde man sich schon ewig kennen. Das Auto ist ein Traum, genauso haben wir uns das vorgestellt, wir bedanken uns ganz herzlich, es hat wirklich Spass gemacht...
 
Ein paar Tage später fragt man mal so vorsichtig nach. Ist denn schon eine Entscheidung gefallen?
 
Ja, klar. Und dann kommt dieser Tonfall. So, als ob sie mit einem Kranken sprechen würden. Mit einem Kranken, der außerdem sehr sehr schwer von Begriff ist.
 
"Also, es hat uns wirklich sehr gut gefallen bei Ihnen. Wir waren bei so vielen Händlern, aber bei Ihnen war die Beratung eindeutig am besten. Wir haben uns so gut aufgehoben gefühlt. Aber es tut uns sehr leid. Wir haben nun doch bei "Arschloch-Meier" gekauft.... Ja, ich weiß, er hat uns echt mies behandelt. Wir haben nicht mal eine Probefahrt bekommen. Zum Glück waren SIE ja so nett. Aber sie müssen das verstehen, wir bekommen da 75 Euro mehr für unseren Gebrauchtwagen. Da kann man ja schon mal bis nach München fahren, außerdem waren wir da noch nicht, da machen wir gleich einen Wochenendtrip davon. Wir müssen ja alle sehen, wo wir bleiben. Das verstehen Sie doch, oder?"
 
Mental legen sie einem dabei die Hand auf den Arm und schauen einem dabei tief in die Augen. Sie meinen das wirklich ernst. Die meinen DAS ERNST.
 
Und ich schlucke einmal schwer und sage:" Dann wünsche ich Ihnen allzeit gute Fahrt mit Ihrem neuen Auto."
 
 
Aber wisst Ihr was? Die meisten sind nicht so!!Juhu! Sonst könnten wir ja hier dichtmachen....Nein, nein, das war nur ein kleiner Auszug. Es gibt natürlich noch viel mehr, vielleicht erzähl ich da auch noch mal von, aber nun....
 
... nun is Feierabend. Es ist schon fast dunkel draußen, und nun geht's ab aufs Sofa, und vielleicht noch ein bisschen bügeln oder nähen....
 

1 Kommentar:

Linus- hat gesagt…

Großartiger Bericht. Ich habe Tränen gelacht, auch wenn es eigentlich eher zum heulen ist.