Dienstag, 18. April 2017

Am Arsch geht auch ein Weg vorbei...

... so heißt das Buch, das ich zu Ostern geschenkt bekommen habe von unserem Sohn und unserer Schwiegertochter. "Arsch" sagt man ja nicht. Aber ich kann ja nix für den Buchtitel. Außerdem sag ICH schon "Arsch".  

JEDENFALLS ist das Buch wirklich nett. Es gibt ja soooo viele Lebensratgeber, von Motivationsbüchern über "Bleib einfach so"-Büchern bis zu "Du kannst alles schaffen, wenn du dir nur richtig den Allerwertesten aufreißt"-Büchern.

Ja, wie denn nun?!?!?!

Und da wirds interessant. Da ja heutzutage alles möglich ist und dies auch über sämtliche Social-Media Kanäle kommunziert wird und jedem Neugeborenen quasi mit der Muttermilch injiziert wird, macht das die Selbstfindung nicht einfacher. Ist man eigentlich ein Perfektionist? Im Innersten seiner Seele? Oder glaubt man das nur? Ist man gerne in Gesellschaft von anderen Menschen oder tut man das nur, damit man einen geselligen Eindruch von sich vermittelt? 

Einen ähnlichen Post habe ich schon mal verfasst, darin gehts um "einen Scheiss muss ich". Das Buch hat mich echt schon weit nach vorn gebracht, muss ich sagen. Dieses Buch jetzt ist anders, zielt aber auf das gleiche Problem ab. Will ich wirklich etwas und mag ich wirklich etwas oder tu ich nur so? Und warum tu ich das?

Immer einen guten Eindruck machen zu wollen, ist nämlich manchmal anstrengend. Ich bin zum Beispiel so erzogen. Das ist kein Vorwurf an meine Erziehung (auch wenn meine Mama das jetzt liest und sich selbstverständlich angesprochen fühlt), sondern einfach eine Tatsache. Was andere von einem denken, war ein wichtiger Aspekt in meiner Erziehung. Damit bin ich super durchs Leben gekommen. Ich komme mit vielen Leuten klar, ich kann mich benehmen, ich erreiche meine Ziele in der Regel, bin hilfsbereit, respektvoll und höflich. Alles richtig gemacht, Mama. 

Ganz manchmal ist man als solcher Mensch irgendwann aber an einem Punkt (und der ist meistens dann erreicht, wenn man realisiert, dass man mehr Leben hinter sich hat als vor einem), dass man sich fragt: "Das bin wirklich ich? Oder ist ICH irgendwie verschütt gegangen?"

Und in so einer Situation benötigt man manchmal nur EINEN Satz aus einem Buch. Damit man versteht, dass man vollkommen okay ist, auch wenn man sich mal nicht so verhält, wie es andere erwarten. 

Ich wäre zum Beispiel gerne viel geselliger. Ich bewundere Menschen, die so viel Energie in sich tragen, dass es zum arbeiten, feiern, tanzen, lesen, Gartenarbeit und Sport reicht. Die sich gerne und viel mit anderen Menschen umgeben und denen es nichts ausmacht, wenn sie beim Sonntagsschläfchen auf der Couch vom Klingeln an der Haustür geweckt werden und draußen steht die Clique und schreit "Überraschung" und dann wird die Musik aufgedreht und alle tanzen in der Küche um eine Kochinsel, auf der sich Nudeln mit Tomaten befinden und am besten noch Pizzateig und am Schluss haben alle Mehl im Gesicht und prosten sich aus großen Gläsern mit Rotwein zu und am Horizont geht schon die Sonne auf. 

Hört sich super an. Sollte man öfter mal machen, denn sowas macht man und alle, die sowas kacke finden, sind doch irgendwie merkwürdig.

Dann bin ich merkwürdig. Definitiv.

Ich habe einen Freundeskreis, den man an zwei Händen abzählen kann. Die liebe ich aber auch wirklich und mag auf sie nicht verzichten. Alle anderen sind Bekannte. Ich liebe alleinsein. Ich bin Mrs. Grumpy-Cat, wenn ich müde bin und ich HASSE es, wenn mich jemand aus dem Schlaf klingelt. Ich kann gut darauf vezichten, auf Partys zu gehen, auf denen ich Leute treffe, die ich nur einmal im Jahr sehe, um mit denen über Dinge zu reden, die uns nicht weiter bringen und den Weltrekord im Small Talk zu brechen, um mir nach Mitternacht zu überlegen, wieviel Lebenszeit ich grade vergeudet habe. Ich hasse Konversationen, die sich um NICHTS drehen, nur um gesprochen zu haben. 

Das bin ich. Und das ist völlig okay. Es ist egal, wie andere das finden. Am Arsch vorbei.

Nicht so zu sein wie andere ist keine Schwäche. 

Die Generation der Social Media Kanäle muss sich heute leider immer wieder mit anderen vergleichen. Dabei kann man nur verlieren. Denn da draußen tobt doch das wahre Leben und alle haben fortwährend nur Spaß beim Picknicken oder Surfen, während ich immer noch gerne Chips-futternd und in Schlafanzughose meinen Sonntag verbringen möchte. Am Arsch vorbei. Alles ist erlaubt, wenn es genau das ist, was du machen möchtest. KEIN MENSCH da draußen muss DIR sagen, wie du dein Leben zu führen hast. Das wären nämlich ziemlich viele Leute, die da mitzureden hätten. Ganz viele. Eingeschlossen deine Schwiegereltern, Eltern, Bekannte, Nachbarn. Und die sagen alle was anderes!!! Schei.. die Wand an, auf wen hört man da am besten?!?!

Auf keinen. Hör auf dich. Guck, was dich ausmacht. Womit fühlst du dich gut? Bist du ein Eigenbrötler? Dann wird kein noch so toller Ratgeber aus dir einen Gesellschaftshengst machen. Bist du eher still? Dann wird kein Motivationsbuch dich zum Reden bringen. Dafür kannst du sicher super zuhören und Menschen können sich bei dir öffnen. Bist du ein kreativer Chaot? Dann wirst du sicherlich niemals Finanzbeamter werden wie dein Vater. Du kannst aber vielleicht ein großartiger Künstler werden. Bist du sensibel? Großartig. Dann wirst du dich schnell in andere Menschen hineinversetzen können und verstehen, was sie bewegt. Du wirst allerdings niemals in die Chefetage aufsteigen und dort über 50 Kündigungen entscheiden können.

WAS. WILLST. DU.

WAS.MACHT.DICH.AUS.

Egal, was andere machen. Andere gibt es schon genug. Dich gibt´s nur einmal. Wenn du den verbuddelst, wäre es echt schade drum. 

Denn dann ist der eine einzige, den es nur einmal gab, einfach weg.....