Sonntag, 29. Juni 2014

Warum es zu Hause am schönsten ist und was ein Molch damit zu tun hat

Ich war am Wochenende mit Balu in Nordrhein-Westfalen unterwegs. Das hört sich jetzt nicht so spektakulär an. War es auch nicht. Ich möchte es euch trotzdem erzählen. Also setzt euch und nehmt euch ´n Keks.

Ich war hundesport-technisch in Bergheim-Glesch unterwegs, das liegt bei Grevenbroich. Kennt man ja, ne? 

Mit Mörder-Halsschmerzen bin ich gestern morgen um 4.30 Uhr von zu Hause aus in den Tag gestartet und nach einem anstrengenden Trainingstag im strömenden Regen suchte ich am Abend mein Hotel auf. Mir ging´s echt bescheiden, meine Stimmung war im Keller, ich hatte tierischen Hunger und verfluchte einmal mehr meine besch....ne Nahrungsmittelallergie und dass ich mir nicht eben mal einfach eine verdammte Pizza an der Ecke holen kann.

Ich kam also an meinem Frühstückshotel Garni an. Klamotten nass, Schuhe dreckig, Loch im Bauch. Türen verschlossen. Okay, ich klingel halt. Ein etwas seltsam anmutender Herr öffnete mir die Tür mit den Worten "Sie sind zu früh." Das sind genau die Worte, die man nach einem solchen Tag hören möchte, nicht wahr? Da geht einem glatt das Herz auf. Ich:" Ja, aber nun bin ich nun mal da." 

Er führte mich in ein Zimmer im Erdgeschoss. Ich trat eine Reise in die Vergangenheit an. In eine sehr dunkle Vergangenheit. In eine Vergangenheit mit rosafarbenem französischen Doppelbett, stoffbezogenen dunkelbraunen Lampen und Möbeln im Gelsenkirchener Barock. Mein allerletztes bisschen guten Mutes fiel in sich zusammen. Ich: "Okay......, das ist das Zimmer?" Ich weiß nicht, warum ich diese Frage stellte, ehrlich, was habe ich erwartet? Dass er lachend abwinkt und sagt: "Ach, war ´n Scherz, ich wollte Ihnen nur mal unsere Besenkammer zeigen, Ihr Zimmer ist natürlich im oberen Geschoss und erst kürzlich neu renoviert worden. Machen Sie es sich doch vor dem großen Flatscreen gemütlich, ich feuere noch rasch den Kamin an und werde Ihnen dann Ihr Diner in Bio-Qualität zusammen mit einer heißen Wärmflasche servieren!"

Nein. Das da war mein Zimmer.

Ich hatte noch eine Bitte an den Herrn des Hauses. "Könnten Sie mir wohl ein bisschen Aufschnitt auf einen Teller tun und Butter dazu und vor allem ein Brotmesser, dann könnte ich mir noch ein Brot auf dem Zimmer machen?" Wieder verfluchte ich meine besch....ne Allergie, denn sollte ich ihm lang und breit erklären, dass er bitte bei der Wurst auf die Verpackung schauen sollte und mir dann erzählen, ob darin Geschmacksverstärker waren? Wohl kaum. Ich war ihm sowieso schon suspekt, so als ganze Person und überhaupt fand er mich offensichtlich merkwürdig. Das beruhte auf Gegenseitigkeit. 

Meinen Aufschnitt-Teller habe ich Balu gegeben. Mein Brot habe ich mit dem Buttermesser geschnitten, denn ein BROTmesser war nicht vorhanden, und hab mir meine Banane darauf geschmiert. Ich bereitete erst Balu sein Futter und dann saß ich auf der Bettkante meines Zimmers und aß mein einsames Abendbrot und schrieb meinem Mann eine Nachricht. "Ich bin am trostlosesten Ort der Welt." Und einen Smiley, der weint.

Dann nahm ich meinen Hund und ging mit ihm noch eine gute Stunde durch die Gegend. Die im übrigen sehr schön war! Wald und Feld und jede Menge Kaninchen. Und Regen. Es war so nass wie etwas nur nass sein kann, meine Kapuze tropfte, der Hund dampfte, die Bäume trieften, es war NASS.

Wieder zurück in meinem Zimmer. Dort starrte mein Hund auf einmal sehr intensiv in die Ecke an der Heizung. So, wie ein Hund eben auf etwas schaut, das ihn irritiert. Ich fragte Balu, was er denn da hätte und beugte mich vor und sah es. Es war ein Molch. 



Oder ein Salamander. Oder ein Grottenolm, weiß der Henker. Es war ein farbloses, kriechendes Wesen auf den dunkelbraunen Fliesen meines Gelsenkirchener Barock Zimmers. Und diese ganze Situation, dieses Hotel, dieses Zimmer, dieser Herr und mein Abendbrot und die Stille und der Regen gaben mir den Rest. Ich musste heulen. Ich klingelte dann den Herrn des Hauses aus seiner Wohnung und bat ihn, den Olm zu beseitigen. Da Balu aufgrund meines kleinen Nervenzusammenbruches schon leicht nervös war, hätte er noch fast den Herren zerlegt, der da auf einmal in unser Zimmer trat und sich herunterbeugte, um den Molch/Olm/Fabelwesen hoch zu nehmen. Es war der perfekte Abend.

Mein Hund hatte nach dem anstrengenden Tag eh keine Wünsche mehr, packte sich auf den Vorleger vor meinem Bett, drehte mir seinen nasses, felliges Ärschchen zu und schlief auf der Stelle ein. Mann, war ich neidisch.

Ich machte mich dann auch bettfertig, klimperte noch auf meinem Handy rum und fand einen Facebook Eintrag einer Hundeplatzfreundin "Zu Hause ist es schön." Mit einer leckeren Erdbeertorte als Bild. Ja. Das ist es. Zu Hause ist es schön. Und wo bin ich? Ich musste noch mal ein paar Tränchen verdrücken.

Am Morgen, nach einer erstaunlich guten Nacht, sah die Welt schon anders aus. Das Frühstück war lecker und der Tee war heiß und frisch und meine nette Gesellschaft im Frühstücksraum der Achtziger Jahre war ein älterer Herr, der einem Golfturnier beiwohnte und mit dem ich mich so angeregt unterhielt, dass ich fast meine Abreisezeit verpasste.

Nach einer durchgehend regnerischen Autofahrt (259 Kilometer Fahrt, nicht EIN Kilometer davon ohne Regen) kam ich am frühen Nachmittag heute wieder zu Hause an. 

Zu Hause ist es schön. Es gibt keinen Molch im Wohnzimmer. Es gibt Brotmesser. Es gibt keine dunkelbraunen Fliesen. Es gibt meine Familie. So soll es sein.

Schönen Abend noch! Ich gehe jetzt meine Erkältung pflegen!

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